Saison-Abschluss-Umlauf 2022 (SAU-Pokal) – Eine Strafarbeit
„Ich soll meinen Transponder nicht vergessen.“(1)
Transponder sind kleine rundliche Plastikdinger, die mit Kabelbindern möglichst weit vorne am Segelwagen und vorzugsweise nach unten zeigend zu den Regatten montiert werden. Da sie sehr klein sind, fallen sie normalerweise überhaupt nicht auf und stören deshalb auch nicht. Wenn sie abhanden kommen oder nach den Rennen nicht zurückgegeben werden, ist das doof, sagt die Rennleitung. Wenn man einen bekommt und am falschen Segelwagen montiert, gibt‘s Mecker und eine Strafarbeit. So weit die Einleitung zum Thema „Ich soll meinen Transponder nicht vergessen.“ (2)
Der Saupokal ist die letzte Regatta des Jahres und wurde in diesem Jahr am 5. November gesegelt. Gut ist, wenn es für Regatten auch befahrbaren Strand oder eine trockene, harte Plate gibt. In diesem Jahr wurde bei der Termin-Planung auf die Gezeiten bewusst keine Rücksicht genommen; schließlich sollte das Café Köm seinen Abschiedsabend mit den Mitgliedern des Yachtclubs schon ab 18 Uhr als geschlossener Gesellschaft feiern. Das hatte oberste Priorität.
Als wir uns am Vormittag um 10 Uhr im Clubhaus trafen, lief die Flut gerade auf. Die Plate stand wegen Hochwassers am Vortag und Regen unter Wasser. Ideale Bedingungen, im Clubhaus zu bleiben und dann ins Köm zu wechseln.
Allerdings sah die Regattaleitung, bestehend aus Andrea und Olaf, das anders und entwickelte Ehrgeiz, eine befahrbare Strecke zu finden. Schließlich hatten sich so viele Teilnehmer angemeldet, dass mit 23 Miniyachten das größte Starterfeld eines Saupokals in der Vereinsgeschichte an den Strand drängte.
Mit Spannung erwarteten wir die Bekanntgabe der rein zufällig per Los bestimmten Pilotenpaare. Die Glücksfee meinte es gut mit dem ein oder anderen Ehepaar und vor allen Dingen mit mir, der ich Anke Münch zugelost wurde.
Anke und ich kannten uns bis dahin nicht, da ihre Zeit als Miniyacht-Pilotin schon ein wenig zurückliegt und ich meine erste Regatta erst spät in 2021 gesegelt bin. Im Besitz von nur vier Rädern für zwei Segelwagen hatte ich meinen Libre zusammengebaut, mit dem ich bis zur Euro in Gravelines sehr zufrieden und teilweise erfolgreich unterwegs war. Hätte ich geahnt, mit was für einer erfahrenen und erfolgreichen Seglerin ich Anfänger zusammengelost werde, hätte ich meinen airtrack new nano, den ich dem Zweitplatzierten der Euro 2022 in Gravelines abgekauft habe, mitgebracht. Mir selber fehlt auf dem neuen Gefährt nach nur einer Regatta noch Routine.
Dreimal habe ich im Laufe des Vormittags Anke gefragt, ob sie lieber den airtrack segeln würde; dreimal hat sie verneint. Aber glauben wollte ich ihr das nicht. So traf es sich gut, dass Andrea und Olaf mit der Suche nach einer befahrbaren Piste nicht gleich fündig wurden und den Beginn der Rennen auf den frühen Nachmittag verlegten mit Briefing um 13 Uhr.
Das verschaffte mir die Zeit, airtrack-Chassis und -Achsen aus dem Schuppen und Mastteile beim Schlosser Boyens aus Tating zu holen. Mit der Hilfe von Jan Schede, dem Erwerber des Europameisterschaftssiegerwagens (airtrack), war bis 12.59 Uhr alles umgebaut und die Augen im Yachthafen nicht nur von Anke weiteten sich. Wirklich alles umgebaut? Nicht ganz. Ich soll meinen Transponder nicht vergessen (3).
Transponder sorgen dafür, dass beim Überfahren vor (moin Malte) und während der Rennen die Überquerungen des im Sand bei der Ziellinie verlegten Kabels, was gleichbedeutend mit absolvierten Runden sein soll, automatisch gezählt werden. Das spart den Pointern Arbeit und schließt Fehlerquellen aus. (Ich soll meinen Transponder nicht vergessen (4).)
Anke segelte sich auf dem airtrack ein zum Treffpunkt hinter der Badestelle, die Copiloten wurden mit Autos dorthin gebracht. Beim Aufbau der Sicherheitszone fiel mir der Transponder ein, der noch am Libre im Yachthafen steckte. Ich soll meinen Transponder nicht vergessen (5). Jürgen habe ich’s gleich gebeichtet. Er hatte keinen Ersatz. Nun hoffte ich auf Olaf. Blöder Anfängerfehler. Gut für Spott und Häme. Oder sogar für Nicht-Wertung. Ich soll meinen Transponder nicht vergessen (6).
Vor der Proberunde, die Anke für uns segelte und deren Fehlen eine meiner zwei Teichdurchfahrten an der südlichen Wendemarke erklären könnte, gab es das Strecken-Briefing durch Olaf.
Wenn man Olaf dabei gut zuhört und anschließend auf der Strecke tut, was er gesagt hat, muss man nicht durch „Teiche“ fahren. Ich habe in der Saison mehrmals etwas anderes ausprobiert, was nie gut gegangen ist und mir bei anderer Gelegenheit die Ernennung zum Kapitän durch Olaf einbrachte.
Die Zeit drängte, wir sollten segeln, die Sonne neigte sich bereits gen Südwesten und der Grünkohl war schon im Topf. Blöder Zeitpunkt, Olaf nach einem Ersatztransponder zu fragen. Ich darf meinen Transponder nicht vergessen (7).
Olaf hatte von dem Fehlen unseres Transponders bereits erfahren und die Pointer informiert, die Ankes und meine Durchfahrten manuell zählen mussten. Herzlichen Dank dafür! Ich darf meinen Transponder nicht vergessen (8).
Drei Rennen sind wir dann gefahren. Die ersten beiden liefen über vier Runden, das dritte über zwei, wobei jeweils nach der Hälfte die Piloten wechselten. Anke ist dreimal für uns gestartet und kam immer sehr weit vorne platziert in die Wechselzone. Der airtrack lief großartig, auch mit kleinem Segel (3,5m² von frog sails) über den schnell gesteckten Kurs ohne nennenswerte Schwierigkeiten (bis auf den Teich an der südlichen Wendemarke, den ich, wie schon gesagt, bei fünf Gelegenheiten aber nur zweimal getroffen habe). Vielleicht dachte ich bei der zweiten Durchfahrt gerade an den Transponder, den ich nicht vergessen darf (9).
Mit Mastbruch gleich beim ersten Start fehlten zwei Yachten bei den Rennen. Einige andere konnten selber nicht mitsegeln und Shooting Star Olaf Becken wurde auch vermisst.
So durfte ich nach Ankes Vorarbeit im ersten und dritten Rennen als erster über die Ziellinie fahren, im zweiten Rennen wurden wir nach einer kurzen Flaute beim Start immerhin noch Dritte. Über die goldenen Sauen, die Anke und ich abends im Köm bei der Siegerehrung bekamen, und den Gesamtsieg haben wir uns riesig bis maßlos gefreut.
Der Abend wurde lang und lustig. Ich erinnere, wenn nicht mehr alles, viele herrliche Gespräche.
An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bedanken. Bei Anke für den ersten Regattasieg. Für die Glückwünsche beim Zieleinlauf. Vor allen Dingen bei den Verantwortlichen, die unseren Verein zusammenhalten, vertreten und in die Zukunft führen. Die Regattaleitung und alle Helfer haben meinen allergrößten Respekt. Herzlichen Dank Euch allen.
Und ich danke den Vereinskameraden für die freundliche Aufnahme. Die Zeit im Yachthafen, im Clubhaus und am Strand bedeutet mir sehr viel. Es ist eine tolle Erfahrung im Beinahe-Ruhestand noch einen Sport zu finden, in dem man so viel Spaß und auch mal Erfolg haben kann. Die schönste Erfahrung sind aber die Menschen, denen ich begegne und die gemeinsamen Erlebnisse. Ihr seid alle gemeint. Und einige ganz speziell.
Es ist ein großes Glück, die Freundschaft, die gemeinsamen Freuden, den Wettkampf, die Hilfe, den Mannschaftsgeist und die Dönekes erleben zu dürfen. Für mich ist das einzigartig!
Euch allen wünsche ich eine schöne Advents- und Weihnachtszeit und einen Guten Start in das Neue Jahr. Den Genesenden wünsche ich weiterhin gute Besserung und die baldige Wiederkehr auf die Sandbank.
Und denkt dran: „Ich darf meinen Transponder nicht vergessen.“ (10 und aus)
Text: Rudolf Marloh (G431)
Fotos: Fynn Beugholt
Alle Ergebnisse finden sich wie gehabt auf der Homepage.
Einen weiteren Erfahrungsbericht hat Malte für seinen Blog verfasst: https://www.strandsegler.net/2022/11/sau-pokal-2022/
Videos gibt es im YouTube-Kanal des YCSPO: https://www.youtube.com/channel/UC_PaOneBZLHQX4kalnauh5A
Der Vorstand des YCSPO schließt sich Rudolf an und bedankt sich an dieser Stelle bei allen, die im zu Ende gehenden Jahr eine Saison fast wie vor der Pandemie ermöglicht haben: durchs Mitsegeln, in gelber Weste auf der Rennstrecke oder ohne, hinterm Tresen oder hinter den Kulissen. Am 10.12.2022 treffen wir uns noch einmal zu einem Adventscafé im Clubhaus. Bis dahin: Nie mehr als eine Handbreit Wasser unter dem Kiel.